Zur Weihnachtszeit huldigt die ganze Welt dem Einen und Allerhöchsten, den der Mensch „Gott“ nennt, und überall ertönt der Ruf: „Ehre sei Gott in der Höhe, Frieden auf Erden und den Menschen gleiches Recht!“ Auf diesem Ruf, dieser Botschaft baut sich die ganze Weisheit des Lebensgedankens auf.
„Ehre sei Gott in der Höhe!“ schließt andere Wesen und andere Gebiete von dieser Ehre aus. Nur dem Einen, den der Mensch „Gott“ nennt, kommt diese Ehre zu; nicht dem Gott, den sich die menschliche Einbildung gemacht und geschaffen hat, nicht einem Gott, der auf eine heilige Stätte beschränkt und beiseite gesetzt worden ist, sondern nur „Gott in der Höhe“, der erhaben ist über allen materiellen, minderen, niederen, unbedeutenden, objektiven, äußerlichen Dingen, nur ihm allein sei Ehre, nur er allein sei anerkannt. Er allein soll der Herr, der Führer und Ratgeber sein.
„Frieden auf Erden!“ schließt alle Zwietracht, allen Streit und allen Kampf aus; nur Frieden soll auf Erden sein. Wo ein anderer Zustand besteht oder herrscht, fehlt die Verbindung mit der großen Lebensweisheit, die kein anderes Denken, Reden und Handeln zulässt als das, das unmittelbar auf dem Gedanken des Friedens auf Erden beruht, nicht auf einem Frieden in ferner Zukunft, in einem überirdischen Reiche oder auf anderen Planeten, während hier Krieg tobt, sondern auf dem Frieden hier auf Erden. Das ist die Botschaft, auf deren Kraft sich das ganze Lebensgebäude auf Erden aufbaut.
„Und den Menschen gleiches Recht!“ heißt gleiches Recht für alle Menschen, für die ganze Menschheit, unbekümmert um Art oder Klasse. Keinem Menschen soll das Gute vorenthalten werden. Jedem Menschen soll guter Willen, Anerkennung, Achtung und Verständnis entgegengebracht werden. Der gute Willen schließt alles ein, was nötig ist, um die Gleichberechtigung zu verwirklichen.
Setzen wir nur eines der drei Elemente Ehre, Frieden und Gleichberechtigung beiseite, dann können wir die Lebensweisheit und den Gedanken der Reinheit, Veredlung, Vervollkommnung des Lebens und des wahren Christentums nicht begreifen. Dieser dreieinige Gedanke „Ehre sei Gott, Frieden sei auf Erden, gleiches Recht sei den Menschen“ ist dem Menschen eingeboren; aber er muss ihn auf dem Wege der Wiedergeburt in sich erwecken und verwirklichen, wofür uns ein Mensch, den die Welt „Jesus Christus“ nennt, ein lebendiges Beispiel geworden ist, sodass sein Wirken den Beginn einer neuen Kulturstufe bedeutet.
Aber die Welt anerkennt „Jesus Christus“ nur dem Namen und Titel nach, aber nicht im Prinzip. Denn um im Einklang mit der Botschaft zu leben, für die er eintrat, darf man nur Gott in der Höhe die Ehre geben, muss man Frieden auf der ganzen Erde erklären und halten, nicht nur hier und dort, und muss man die Gleichberechtigung aller Menschen anerkennen. Wenn man das auch nur in einem Punkte nicht mit der Tat beweist, hat man keine Beziehung zu „Jesus Christus“. Etwas anerkennen und etwas verwirklichen, sind zwei verschiedene Dinge und das Verwirklichen ist ausschlaggebend.
Ein Arzt von Weltruf erklärte: „Ich anerkenne die vegetarische Lebensweise im Prinzip; aber ich bin nicht in der Lage, danach zu leben.“ Ein großer Staatsmann sagte: „Ich anerkenne, dass der Frieden der einzige Zustand ist, der Glück und Freude verbürgt und der auch vom geschäftlichen Standpunkte aus ratsam ist; aber ich bin gegenwärtig nicht in der Lage, für diesen Frieden einzutreten.“ Ein großer Morallehrer sagte: „Ich glaube wirklich, dass wir da, wo die Menschen gegenseitig ihre individuellen Rechte anerkennen und achten, einen Zustand vollkommenen Friedens und vollkommener Glückseligkeit finden und unter solchen Verhältnissen sogar die Vollkommenheit zu erlangen vermögen; aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen und Umständen bin ich gezwungen, der Selbsterhaltung Rechnung zu tragen, ohne auf die Rechte anderer Rücksicht zu nehmen.“ Solche in sich selbst widerspruchsvolle Denkweise hält die Streitsucht unter den Menschen aufrecht.
Von Dr. O. Z. Hanish.
Auszüge aus Mazdaznan-Weisheitsbuch, 31. Lektion.
Foto: © t0m15 - stock.adobe.com