Wenn alles andere versagt – atme

Wenn alles andere versagt, bleibt uns immer noch eine letzte Zuflucht, ein letztes Hilfsmittel: der Atem. Natürlich atmen wir alle und atmen so lange, als uns noch der Gedanke an einen Ausweg, eine Wendung zum Besseren bleibt. Mancher wird sagen: „Ja, atme ich denn nicht? Dabei ist doch nichts Besonderes! Atmen ist doch ein ganz natürlicher Vorgang wie Essen und Trinken, Darm- und Blasentätigkeit und die anderen Funktionen unseres Organismus, wie Sprechen, Singen und Gehen.“

Wenn wir ein einfaches Leben führen und uns nach allen Richtungen üben, brauchen wir keine organischen Störungen zu befürchten. Bleiben wir aber nicht innerhalb der Grenzen unserer Konstitution, wodurch sich Unordnung einstellt, werden wir früher oder später gezwungen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. In der Zwischenzeit erleiden wir Schmerzen, Qualen aller Art, Kummer, Sorgen und Prüfungen. In unserer Verwirrung nehmen wir dann Zuflucht zu irgendeinem Heilmittel, probieren es aus, finden es unnütz, suchen ein anderes und versuchen schließlich die Heilmittel der verschiedensten Richtungen.

Wenn alles versagt, dann endlich werden wir finden, dass rhythmisches, methodisches Atmen, ja systematisches Atmen nicht nur über alle körperlichen und geistigen Störungen hinweg hilft und sie zum Stillstand bringt, sondern dass bewusste Atempflege uns Möglichkeiten offenbaren wird, die uns bisher okkult, mystisch und übernatürlich erschienen und jenseits des menschlichen Begriffsvermögens lagen.

Vor allem müssen wir lernen, bis aufs Äusserste auszuatmen und zwar in allen möglichen Körperstellungen. Zuerst legen wir uns einfach auf den Rücken, lassen uns sozusagen ganz entspannt fallen. Dann atmen wir 4 Sekunden ein und stauen den Atem, indem wir den Unterleib gegen das Sonnengeflecht (nach innen) ziehen und damit das Zwerchfell auf das Rippenfell zu bewegen und den Brustkorb dabei ausweiten. Dann atmen wir langsam „a staccato“ und mit kleinen Zwischenpausen aus. Es wird uns vielleicht nicht sofort gelingen, sodass wir mehrere Versuche machen müssen. Wenn wir aber unsere Versuche jeden Morgen und Abend für einige Minuten fortsetzen, so werden wir uns bewusst werden, dass sich allmählich Verwachsungen lösen, die die Ursache aller organischen Schwierigkeiten waren. Dann beginnt von selbst ein normales, gesundes Entwicklungsvermögen. Wer beharrlich ist, wird die Krone des Lebens davontragen. Auch während der Arbeit sollten wir immer wieder von Zeit zu Zeit aufs Äußerste ausatmen, dabei lassen wir unsere Schultern fallen, das Zwerchfell wird gegen das Rippenfell nach oben gedehnt, wo es bei der Einatmung festgehalten wird — für 30 – 60 – 90 – 120 – 150 – 180 Sekunden, selbst dann, wenn wir nicht während der ganzen Zeit den Atem stauen oder die Ausatmung auf so lange verteilen können. Wiederhole diese Übung alle 3 Stunden während 3–5 Minuten und stelle fest, wie sich deine Muskeln im Allgemeinen kräftigen, ebenso die Lunge und der ganze Organismus.

In welcher Verfassung wir uns auch befinden, wir werden es uns zu unserer Genugtuung beweisen, dass wissenschaftliches Atmen uns zurecht bringt, unser Gesinn klärt und unser Herz veredelt. Störungen und Hemmungen werden zur Seite treten und der Weg für Inspirationen aus dem Herzen wird frei werden, sodass wir von Erfolg zu Erfolg im täglichen Leben schreiten. Der Glauben an die Allmacht Gottes wird wieder wachsen und Selbstvertrauen wird dich sicher machen. Sage es dir immer wieder: „Wenn aus ich schau', auf Gott ich bau'“. Sage es leise und innig, sag' es dir lauter, seufzend und jauchzend, ergeben und begeistert, sage es dir immer wieder im Rhythmus des Atems. Es kommt nicht darauf an, wie sehr deine Arbeit dich niederdrückt, wie müde deine Hand ist, wie erschlafft dein Gehirn, immer wirst du dich erfrischt, erquickt und mit neuer Kraft erfüllt fühlen. Je länger man mit diesem Ausatmen fortfährt, umso mehr entspannt sich der Körper und beruhigt sich der Geist. Das Blut wird entlastet und kann sich mit Sauerstoff sättigen, wodurch die Elemente vollständig konvertiert werden, die in die oberen Lungenlappen eintreten. Je mehr sich das Zwerchfell gewöhnt sich auszudehnen, umso mehr wird das Rippenfell (zwischen Lunge und Rippen) veranlasst, auf seinen Schleimhäuten die Umwandlungsergebnisse an alle Gewebe im Körper zu leiten, sodass sich Leukokythos oder das magnetische Feld im Blut erweitert.

Der gesunde Menschenverstand erwartet natürlich nicht innerhalb einiger Minuten irgendwelche Wunderwirkungen aus den Übungen. Jedoch durch das beharrliche und konzentrierte Üben ist es möglich, Bänder, Sehnen, Muskeln und Gewebe so zu erziehen, dass sie sich der Leitung des Gesinns ergeben. Sollte es einmal nicht möglich sein, die Übungen nach dem Aufstehen oder unmittelbar vor dem Zubettgehen zu machen, so kann man wenigstens den Körper strecken, den Rücken gerade halten und dabei so viel wie möglich ausatmen und dabei den Unterleib einziehen. Beim Ausatmen durch die Nase halte die Lippen leicht getrennt und lasse den Atem „a staccato“ hinausströmen. Du wirst bald dem Atemstudium mehr Aufmerksamkeit schenken und es werden sich Möglichkeiten vor dir auftun, von denen du dir nicht zu träumen wagtest.

Wenn alles andere versagt, erinnere dich immer wieder an den Atem. Atme aus, bis du nicht mehr kannst – ohne Zwang und ohne Verspannung. Jeder Versuch wird dich immer wieder belohnen und das Vertrauen zu dir selbst und zu GOTT-IN-DIR stärken.

Von Dr. O. Z. A. Hanish.
Auszüge aus Mazdaznan-Zeitschriften.

Anmerkung des Mazdaznan-Verlags:
Die hier beschriebene Atmung ist nicht die physiologische Atmung, sondern eine Übung, um das Zwerchfell zu lockern, Spannungen zu lösen und die Lunge und den Brustkorb zu weiten.